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Élysée Montmartre - Denkmal der Pariser Nachtkultur

Das Élysée Montmartre, am Fuße des lebhaften Viertels und nur wenige Schritte vom legendären Pigalle entfernt, gehört zu den ältesten und bekanntesten Veranstaltungsorten des Pariser Nachtlebens. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1807 entwickelte sich der Saal von einer einfachen Guinguette zu einem Magneten für Künstler, Gelehrte, wohlhabende Pariser, aber auch das „einfache Volk“. Hier feierte der „Quadrille naturaliste“, der Vorläufer des Cancan, seine ersten Erfolge, getanzt von Valentin le Désossé und Grille d’Égout, während La Goulue (mit bürgerlichem Namen Louise Weber) bereits als Kind ihre ersten Schritte im Saal machte. Diese Darsteller machten den Tanz zu einem Markenzeichen des Viertels. Der Maler Toulouse-Lautrec fand im Élysée Montmartre schließlich eine seiner wichtigsten Inspirationen und Emile Zola ließ sich von der Fassade zu Passagen in „L’Assommoir“ inspirieren.

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Guinguette, Kabarett und künstlerischer Treffpunkt

Das Élysée Montmartre war einst ein beliebter Treffpunkt im Grünen, direkt am Fuße des Montmartre-Hügels. Abseits der alten Stadtgrenzen von Paris entstand hier ein weitläufiges Gelände voller Brunnen und angenehmer Plätze zum Verweilen. Sein Name, inspiriert vom antiken Elysium (dem Paradies der Helden der Mythologie), soll ein Gefühl von Leichtigkeit und Freude vermitteln.

Zu Beginn bestand das Élysée Montmartre aus mehreren Gebäudeteilen und einem weitläufigen Garten mit schattigen Wegen, Lauben und Spielmöglichkeiten. Der Schriftsteller Edmond Texier beschrieb die Anlage 1853 als lebendige Vergnügungsanlage mit Tanzfläche, Holzpferden, Schaukel, Billard und Schießständen. Es war ein Ort, an dem sich einfache Leute, Künstler und neugierige Bürger mischten.

Mit der Zuwanderung aus Osteuropa hielt die Polka auch in Paris Einzug, unter anderem im Élysée Montmartre. Dank der wachsenden Zahl an Besuchern entwickelte sich das Élysée Montmartre zu einem der bedeutendsten Tanzorte der Stadt. Um mit den großen Bällen im Herzen von Paris mithalten zu können, planten die Betreiber schließlich den Bau eines überdachten Saals.

So beauftragte 1858 die Besitzerfamilie Serres den Architekten Stanislas Delahot mit einem Erweiterungsbau und es entstand ein säulenfreier Saal von tausend Quadratmetern und zwei Ebenen, umgeben von Galerien und Promenaden. Das Orchester erhielt seinen Platz auf einem künstlichen Felsen, der mit Wasserfällen und üppiger Bepflanzung geschmückt wurde, was dem Raum eine fast märchenhafte Atmosphäre verlieh. Dies war ein technischer Meilenstein für die damalige Zeit und ein Teil des ursprünglichen Gartens musste für das Projekt weichen.
Am 28. Februar 1858 wurde die neue Anlage mit einem großen Ball eröffnet.

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Quelle: Paris Musées Collections

Zwischen 1870 und 1894 wandelte sich das Élysée Montmartre zunehmend zum Kabarett. Während des Deutsch-Französischen Kriegs ging das Pariser Nachtleben weiter, doch jeden Abend wurden patriotische Lieder gesungen. Félix Tournachon, besser bekannt als Nadar und ein begeisterter Luftfahrtpionier, nutzt das Élysée Montmartre während des Krieges, um Ballons für die Postbeförderung zu bauen. Diese sollten dafür sorgen, dass die Kommunikation mit der Außenwelt trotz der Belagerung von Paris aufrechterhalten werden konnte. Nach der französischen Niederlage wurde das Élysée Montmartre in ein Kriegslazarett umgewandelt.
Während der Pariser Kommune war er Versammlungsort des „Club de la Révolution“, eines wichtigen politischen Forums.

Literatur und Theater fanden ebenfalls ihren Weg in den Saal. Im Jahr 1879 feierte man hier den hundertsten Abend der Bühnenadaption von Émile Zolas „L’Assommoir“, und Guy de Maupassant wählte das Élysée Montmartre als Schauplatz seiner Erzählung „Le Masque“.

Ab 1881 stand das Kabarett unter der Leitung von Armand Deprez, der dem Haus neuen Schwung verlieh. Auf seine Initiative hin fand 1887 das erste große Kostümfest statt, organisiert gemeinsam mit Jules Roques, einem wichtigen Akteur der Pariser Kunstszene. Roques war später Mitbegründer des legendären Bal des Quat’ Z’Arts, einer ausgelassenen und vielbesuchten Festnacht,
die von den Studierenden der École nationale des beaux-arts de Paris ins Leben gerufen wurde.

Der Dirigent Olivier Métra führte ein 40-köpfiges Orchester an, während Tänzerinnen wie La Môme Fromage oder Grille d’Égout mit gewagten Sprüngen, Spagaten und Pirouetten neue Maßstäbe setzten. Zu dieser Zeit wurde La Goulue (1866-1929), späterer Star des Moulin Rouge, entdeckt.

Als Joseph Oller (1839-1922) und Charles Zidler (1831-1897) im Jahr 1889 das Moulin Rouge gründeten, holten sie viele Künstler direkt aus dem Élysée Montmartre, darunter auch La Goulue.

Das Café-Concert hatte sich im Élysée Montmartre fest etabliert. Um dem wachsenden Publikum gerecht zu werden, wurde ein weiterer Teil des Gartens entfernt, um Platz für einen neuen Bereich, das „Trianon-Concert“, zu schaffen. 1899 griff der Architekt Édouard Niemans (1859 – 1928), ein Schüler von Charles Garnier, auf die Struktur des Pavillon de France von der Weltausstellung 1889 zurück, die von Gustave Eiffel entworfen worden war. Doch in der Nacht vom 17. auf den 18. Februar 1900 brach ein verheerendes Feuer aus. Die Halle stürzte ein, und das Feuer breitete sich rasch auf den Wintergarten und andere Bereiche aus. Nur die Metallstruktur überstand den Brand. Man baute schnell zwei neue Hallen, das Trianon für Konzerte und das Élysée Montmartre für Bälle und Eislauf, die 1902 öffneten.

Mit der Integration des kunstvollen Frontons des einstigen Bal Mabille erhielt die Fassade ihr noch heute sichtbares historisches Gesicht. Es stellte eine Tänzerin umgeben von Blumenranken dar, eine Anspielung auf die eleganten Frauenfiguren, die einst die Decken des Tanzsaals schmückten. Diese Fassade, die unter Denkmalschutz steht, ist ein markantes Überbleibsel der goldenen Ära des Pariser Nachtlebens.
Im Inneren mischen sich verspielte Rokoko-Elemente mit modernen Akzenten im Art Nouveau-Stil.

Auch in den folgenden Jahrzehnten blieb das Élysée Montmartre ein kulturelles Zentrum, das nicht nur Musiker, sondern auch politische Diskussionen förderte. Die berühmte sozialistische Versammlung von 1905 mit Jean Jaurès und Gustave Hervé fand dort statt.

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Vom Boxring zur Bühne

Ab 1949 und bis in die 70er Jahre sorgte der Besitzer Roger Delaporte (1928-2009) für ein völlig neues Profil. Die Halle wurde vor allem durch ihre spektakulären Box- und Wrestlingkämpfe bekannt, die live im Fernsehen übertragen und von Roger Couderc kommentiert wurden. Später kam auch noch Striptease hinzu. Ab den 1970er-Jahren entdeckten zunehmend internationale Künstler die Halle für sich.

1988 wurde das Élysée Montmartre aufgrund seiner Eiffel-Konstruktion und des markanten Hochreliefs des ehemaligen Bal Mabille als historisches Monument eingestuft.

Mit der Übernahme durch Garance Productions im Jahr 1989 begann eine neue musikalische Ära. Rock, Elektro, Rap und Reggae gaben dem Haus einen neuen Schwung und 1995 kehrte mit dem Grand Orchestre de l’Élysée Montmartre sogar der traditionelle Ball zurück. Ende der 1990er- und 2000er-Jahre traten zahlreiche afrikanische Musiker auf, und die Liste internationaler Gäste reicht von David Bowie, über Bon Jovi, Katy Perry, James Arthur, Vanessa Paradis, bis Daft Punk, um nur einige zu nennen.


Vom Aschehaufen zur Wiedergeburt

In der Nacht vom 22. März 2011 verwüstete ein Brand das Élysée Montmartre. Glücklicherweise gab es keine Opfer, aber der Schaden war enorm. Das Dach wurde zerstört, die Eiffel-Konstruktion war verbogen, die Bühne und der Barbereich lagen in Trümmern. Doch das ikonische Hochrelief der Tänzerin an der Fassade blieb unversehrt. Mit diesem Brand verschwand das historische Élysée Montmartre, das über zwei Jahrhunderte hinweg ein Ort legendärer Tanzbälle, Feste und Konzerte gewesen war. Das Gebäude blieb drei Jahre lang ungenutzt, bis 2014 die Besitzer des nahegelegenen Trianon den Kauf des Hauses bekannt gaben.

Mit Hilfe von Denkmalschutzexperten wurden die Fassade und das Innere des Hauses sorgfältig restauriert. Gleichzeitig wurden die technischen Einrichtungen, Sicherheitsstandards und die Barrierefreiheit auf den neuesten Stand gebracht.
Nach zwei Jahren intensiver Renovierung mit einem Budget von 8 Millionen Euro öffnete das Élysée Montmartre im September 2016 wieder seine Türen.

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