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Château de Vincennes - Eine Reise durch Geschichte und Macht

Das Schloss Vincennes, unweit von Paris im gleichnamigen Vorort, ist eine der beeindruckendsten mittelalterlichen Festungsanlagen in Frankreich. Es erzählt die Geschichte von Monarchie, Krieg und Macht, die tief in die Geschichte des französischen Königshauses verwurzelt ist. Mit seinen gut erhaltenen Strukturen, darunter der massive Donjon und die Festungsmauern, zieht das Schloss jährlich zahlreiche Besucher an. Doch hinter den steinernen Mauern steckt mehr als nur Architektur: eine Geschichte von Kriegen, politischen Intrigen und bedeutenden Persönlichkeiten.

Heute wird das Schloss vom Centre des Monuments Nationaux (Nationaldenkmäler) verwaltet.




Ursprung und Baugeschichte

Das Schloss Vincennes hat eine lange und faszinierende Geschichte, die über viele Jahrhunderte hinweg die wechselnden Machtverhältnisse in Frankreich widerspiegelt. Ursprünglich von König Ludwig VII. (1120–1180) im 12. Jahrhundert als Jagdresidenz und Herrenhaus der Kapetinger errichtet, wurde es schnell zu einer Schlüsselposition im Verteidigungsnetz des französischen Königreichs. Die strategische Lage in der Nähe von Paris und der Zugang zu den umliegenden Wäldern machten das Schloss zu einem idealen Standort für das französische Königshaus. Schon Ludwig VI., „der Dicke“, hatte die Gegend um Vincennes ursprünglich als Jagdgebiet genutzt, doch erst mit dem Bau des Herrenhauses unter Ludwig VII. wurde es zu einem strategischen Bollwerk zur Verteidigung des französischen Königreichs.

Im 13. Jahrhundert, während der Herrschaft von Ludwig IX., besser bekannt als Saint Louis (1214–1270), wurde der Landsitz in Vincennes, nach dem Palais de la Cité in Paris, offiziell zu einer der Hauptresidenzen der französischen Könige. Damit rückte Vincennes in den Rang eines der wichtigsten politischen Zentren des mittelalterlichen Frankreichs.

Der König hielt sich häufig mit seiner Frau Margarete von Provence und ihren Kindern in Vincennes auf. Das Schloss wurde nicht nur zu einem familiären Rückzugsort, sondern auch zu einem Ort, an dem Staatsgeschäfte geführt wurden. Hier tagte der königliche Rat, der über Verwaltungsfragen und juristische Angelegenheiten entschied. Aus dieser Zeit stammt auch das berühmte Bild des gerechten Königs: Die Legende erzählt, dass Saint Louis unter einer Eiche im Wald von Vincennes Recht sprach.

Im 14. Jahrhundert unter König Karl V. (1338–1380) wurde Vincennes weiter ausgebaut. Er ließ die ursprüngliche Anlage durch eine massive Mauer und einen tiefen Wassergraben schützen und schuf so eine fast uneinnehmbare Festung. Im Jahr 1361 begann der Bau des Hauptturms (Donjon), der auf den bereits 25 Jahre zuvor von König Philipp VI. errichteten Fundamenten aufgesetzt wurde. Für die damalige Zeit wurde die Konstruktion äußerst zügig, in nur zehn Jahren, umgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt gewann das Schloss zunehmend an Bedeutung, nicht nur als militärische Bastion, sondern auch als königliche Residenz. Es diente als ein sicherer Ort für die königliche Familie, besonders in Zeiten von Kriegen und politischen Unruhen. Rund siebzig bis achtzig Soldaten standen bereit, um die Sicherheit und Verteidigung des Schlosses und der Königsfamilie zu gewährleisten.

Kurz darauf wurde eine zweite, wesentlich größere Befestigungsanlage errichtet, die zusätzliche Elemente wie eine große Vorburg und die Sainte-Chapelle, das letzte große Projekt des Königs, integrierte.




Im 17. Jahrhundert verloren die Monarchen zunehmend das Interesse am hohen Donjon und zogen den Komfort eines neuen Pavillons im Südwesten der Anlage vor. Dieser Bereich diente als Zufluchtsort für die Könige, wenn politische Unruhen oder gefährliche Situationen es nötig machten. So wurde nach der Ermordung Heinrichs IV. im Jahr 1610 sein Sohn, der spätere Ludwig XIII., in Vincennes in Sicherheit gebracht. Einige Jahrzehnte später, 1648 während der Fronde, nutzte auch der junge Ludwig XIV. (1638–1715) das Schloss als sicheren Rückzugsort und bezog hier vorübergehend Quartier.

Er beauftragte seinen Architekten Louis Le Vau mit der Planung eines neuen Gebäudes, dem sogenannten Pavillon des Königs, der 1658 fertiggestellt wurde. Bald folgten ein „Pavillon de la Reine“ für die Königin sowie ein Garten mit Orangerie und kleinen Kiosken, die den repräsentativen Charakter des Schlosses weiter unterstrichen.

Mit der Herrschaft Ludwigs XIV. trat Vincennes in eine neue Epoche ein. Dennoch zog es den König zunehmend weg von Paris und er ließ einen völlig neuen Palast in Versailles errichten. Im Jahr 1682 verlegte er seinen Hofstaat dorthin, wodurch Vincennes seine Funktion als Hauptresidenz verlor.

Nach dem Tod des Sonnenkönigs 1715 verbrachte der junge Ludwig XV., damals fünf Jahre alt, noch einige Monate im Schloss. 1740 wurde hier eine Porzellanfabrik eingerichtet, die als Vorläufer der berühmten Manufaktur von Sèvres gilt. 1751 entstand zudem eine militärische Ausbildungsstätte, die École militaire, die den traditionsreichen Charakter des Schlosses als Ort königlicher und staatlicher Bedeutung fortführte.

Unter Ludwig XVI. (1754–1793) änderte sich die Lage dramatisch und 1784 sah er sich gezwungen, das Schloss unter dem Druck der Bevölkerung zu schließen. Diese sah Vincennes zunehmend als Symbol königlicher Unterdrückung. Die Gebäude wurden anschließend zum Verkauf angeboten, und es gab sogar Pläne, Teile der Anlage abzureißen.

Nach der Französischen Revolution wurde das Schloss Vincennes 1796 dem Pariser Arsenal unterstellt und diente fortan als wichtige Militärfestung, unter anderem während der napoleonischen Feldzüge. Zwischen 1805 und 1820 wurden beschädigte Türme abgetragen, während der Donjon von 1808 bis 1814 erneut als Gefängnis genutzt wurde, unter anderem für politische Gefangene. Am 21. März 1804 wurde der 32-jährige Herzog von Enghien, ohne stichhaltige Beweise beschuldigt, einen royalistischen Komplott gegen den Konsul Bonaparte (1769-1821) anzuführen und in den Gräben des Schlosses erschossen. Seine sterblichen Überreste fanden 1816 in der Sainte-Chapelle ihre letzte Ruhestätte. Eine kleine Gedenksäule in einem der Schlossgräben markiert heute die Stelle, an der die Erschießung stattfand.

Während der Besetzung von Paris 1815 versuchten Truppen der Koalition die Festung zu erobern, scheiterten aber am Widerstand von General Pierre Daumesnil und seinen Männern. Im 19. Jahrhundert wandelte sich Vincennes zunehmend zum geschützten historischen Monument. 1853 wurde die Sainte-Chapelle unter Denkmalschutz gestellt, 1913 folgte der Donjon. In den 1920er-Jahren begann eine Restaurierung, die durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen wurde. Während der deutschen Besatzung diente das Schloss bis 1944 erneut militärischen Zwecken und mehrere Dutzend Mitglieder der französischen Résistance wurden zwischen dem 19. und 22. August 1944 erschossen. Viele weitere wurden anschließend in Konzentrationslager deportiert. Nach der Befreiung 1944 richtete der Staat hier wichtige historische Archive für Heer, Luftwaffe und Marine ein, wodurch Vincennes seinen Status als militärisches und kulturelles Erbe Frankreichs bewahrte.



Der Donjon - Symbol königlicher Macht und finstere Haftstätte

Das Herzstück des Schlosses Vincennes ist zweifellos der Donjon, ein 52 Meter hoher Turm mit 3 Meter dicken Mauern und 5 Ebenen, der sowohl als Residenz als auch als Gefängnis diente.
Mit seiner Terrasse, die einst große Kriegsmaschinen wie Katapulte tragen konnte, war er ideal sowohl zur Verteidigung als auch zur Repräsentation geeignet.
Im Inneren befanden sich prunkvolle Räume, darunter eine Ratsstube, königliche Gemächer mit Studierzimmer und Familienappartements auf den oberen Etagen.

Schon ab dem 15. Jahrhundert wandelte sich der Donjon zunehmend zum Gefängnis, zunächst nur für hochstehende Persönlichkeiten, die „auf Bitten des Königs“ dort untergebracht wurden. 1574 wurde Henri de Navarre, der spätere Heinrich IV., aufgrund seiner Mitwirkung an der sogenannten „Verschwörung der Unzufriedenen“ zusammen mit dem Herzog von Alençon im Donjon unter Hausarrest gestellt.

Im 17. Jahrhundert erreichte die Nutzung als Haftort ihren traurigen Höhepunkt. Im „Domus Dolorum“ („Haus des Schmerzes“), einer besonders grausamen Zelle im dritten Stock, froren die Insassen in eisiger Kälte. Zu den dort Inhaftierten zählten große Namen wie der Großfürst Condé (1650) und der Finanzminister Nicolas Fouquet (1661), letzterer auf Befehl von Ludwig XIV. eingesperrt. Auch im Zuge der Giftaffäre („Affaire des Poisons“) von 1679 wurden gewöhnliche und adlige Verurteilte dorthin verbracht und eine wahre „Jagd auf Hexen“ begann in ganz Paris.

Im 18. Jahrhundert entwickelte sich der Donjon von Vincennes zu einem eindrucksvollen Symbol der königlichen Willkür, denn zahlreiche Gefangene wurden ohne Gerichtsverfahren mithilfe sogenannter „lettres de cachet“ dorthin gebracht, darunter auch herausragende Persönlichkeiten wie der Philosoph Diderot im Jahr 1749 (in einem Nebengebäude der Sainte-Chapelle, das es heute nicht mehr gibt) oder der Politiker Mirabeau im Jahr 1777. Besonders berüchtigt blieb jedoch der Aufenthalt des Marquis de Sade, der auf ausdrücklichen Wunsch seiner Schwiegereltern sieben Jahre lang in den feuchten und kalten Zellen im Erdgeschoss des Donjons eingesperrt war.

Heute gilt der Donjon von Vincennes, seit der Sprengung des 54 Meter hohen Bergfrieds von Coucy im Jahr 1917, als eines der größten und am besten erhaltenen Beispiele für mittelalterliche Türme in Europa und zeigt die Macht und den Einfluss der französischen Monarchie während dieser Zeit.


Der Herzog von Beaufort - Gefangenschaft und waghalsige Flucht

François de Bourbon-Vendôme, Herzog von Beaufort (1616–1669), entstammte einer hochrangigen Adelsfamilie. Er war Sohn von César de Bourbon-Vendôme, einem legitimierten Sohn Heinrichs IV., und Françoise de Lorraine und somit ein Cousin ersten Grades des Königs Ludwig XIV. Im Jahr 1643 geriet Beaufort in Konflikt mit dem Kardinal Mazarin, als er die sogenannte Adelsverschwörung „Cabale des Importants“ ins Leben rief. Sein Engagement für die Opposition führte letztlich zu seiner Verhaftung und Inhaftierung im Donjon von Vincennes auf Befehl der Regentin Anna von Österreich, wo er von 1645 bis 1648 verweilte. Dank der Hilfe eines getreuen Wächters und Verbündeten gelang ihm im Mai 1648 ein waghalsiger Ausbruch aus dem Gefängnis. Danach floh er nach Chenonceaux und später zurück in seine Ländereien im Vendômois, wo er seine politische Karriere fortsetzte.


   


   



Die Sainte-Chapelle - Ein gotisches Meisterwerk im Herzen der Festung

Ein wahres Juwel gotischer Baukunst ist die Sainte-Chapelle. Charles V. ließ sie ab 1379 errichten, um seine göttliche Königsmacht zu unterstreichen und Reliquien der Passion Christi aufzunehmen, die Louis IX. einst erwarb. Inspiriert von der gleichnamigen Kapelle im Pariser Palais de la Cité, entstand in Vincennes eine Version auf nur einer Ebene, die mit hohen Fensterbändern, kräftigen Strebepfeilern und reich verzierten Skulpturen im Stil der Flamboyant-Gotik gestaltet wurde.

Die Buntglasfenster des Chors, geschaffen zwischen 1556 und 1559 vom Glaskünstler Nicolas Beaurain, zeigen Szenen aus der Johannes-Apokalypse und beeindruckt durch intensive Farbkontraste. Während der Französischen Revolution wurde ein Teil der Innenausstattung zerstört, doch schon 1793 wurden die Glasfenster ausgebaut und aufbewahrt.

Die Kapelle wurde 1853 als erstes Element des Schlosses Vincennes zum Monument historique erklärt, und im Laufe der Jahre restauriert, darunter die Fassade durch Viollet-le-Duc unter Napoleon III sowie weitere Arbeiten zwischen 2015 und 2018 nach Sturmschäden.


Von Königen und Flüchen

Das Château de Vincennes ist nicht nur ein prachtvolles Zeugnis französischer Geschichte, sondern ist auch von düsteren Legenden umgeben. Zwischen 1316 und 1328 starben dort gleich zwei französische Könige, die man bis heute als die „verfluchten Kapetinger“ kennt, und manche erzählen, dass der Zorn von Jacques de Molay, dem letzten Großmeister der Tempelritter, über ihnen schwebte. Verbrannt 1314 auf der Île aux Juifs, soll Molay aus den Flammen heraus König Philipp IV. und Papst Clemens V. verflucht haben, eine düstere Prophezeiung, die in den kommenden Monaten unheimliche Realität zu werden schien.

Die tragische Reihe begann mit Louis X. „le Hutin“, der Anfang Juni 1316 eine Partie Jeu de Paume spielte und sich danach ein Glas eiskalten Weins gönnte. Kurz darauf fühlte er sich unwohl und starb am 5. Juni an einer Lungenentzündung, während Gerüchte über eine mögliche Vergiftung kursierten.

Der letzte Kapetinger- König Charles IV „le Bel“ bestieg den Thron 1322, regierte sechs Jahre und starb am 1. Februar 1328 im Château de Vincennes, ohne einen männlichen Erben zu hinterlassen, wodurch die direkte Linie der Kapetinger ausstarb.

Doch das düstere Schicksal der Kapetinger begann schon vor dem Fluch des Tempelmeisters. Drei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter Blanche d’Artois starb auch Jeanne Ire, Königin von Navarra und Gattin von Philippe IV. „dem Schönen“, plötzlich und unter mysteriösen Umständen am 2. April 1305 im Schloss. Schon damals wirkten die Todesfälle von Mutter und Tochter verdächtig. 1308 wurde eine Untersuchung eingeleitet, bei der der Bischof Guichard de Troyes, der zuvor Blanche im Stich gelassen hatte, verhaftet wurde. Während seines Prozesses prahlte er, er habe die beiden mit Hilfe einer Hexe und eines Jakobiner-Mönchs getötet. Ein Lombarde namens Nossle wurde 1313 für das Vergiften der Königin hingerichtet, während Guichard freigesprochen wurde. Dieser düstere Vorfall verstärkte den Eindruck, dass Intrigen, Verrat und möglicherweise übernatürliche Einflüsse das Schicksal der königlichen Familie begleiteten.







Das Schloss Vincennes ist mehr als eine mittelalterliche Festung, es ist ein Ort, an dem Macht, Intrigen und menschliches Schicksal aufeinandertreffen. Vom mächtigen Donjon über die prachtvolle Sainte-Chapelle bis zu waghalsigen Fluchten und dunklen Zellen erzählt jede Mauer die dramatische Geschichte der französischen Monarchie.


Nützliche Informationen

Adresse:
Tour des salves
Cour des Maréchaux, 75012 Paris

Anreise:
Metro Linie 1 Station Château de Vincennes oder RER A Station Vincennes.

Tarife:
Gratis für EU-Bürger bis 26 Jahre oder mit der Karte "Passion Monuments" und für alle Besucher jeden ersten Sonntag des Monats von November bis März.
Normaltarif 13€.

Internetseite:
https://www.chateau-de-vincennes.fr/

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