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Château de Saint-Germain-en-Laye - Königliches Erbe vor den Toren von Paris

Das westlich von Paris gelegene Saint-Germain-en-Laye zählt zu den geschichtsträchtigsten Orten der Île-de-France  und doch bleibt es vielen Reisenden unbekannt. Seine Wurzeln reichen bis ins frühe Mittelalter zurück, als König Robert II. im Jahr 1020 ein Kloster auf dem Plateau gründete, auf dem sich die heutige Kirche von Saint-Germain erhebt.

Das Schloss, einst Königssitz, später Exilresidenz und heute bedeutendes Archäologiemuseum, vereint mehr als acht Jahrhunderte französischer und europäischer Geschichte und ist eines der schönsten Schlösser der Île-de-France. Besucher erleben hier eine seltene Mischung aus beeindruckender Architektur, außergewöhnlichen Sammlungen und weitläufigen Gartenanlagen. Es ist das Herzstück der Anlage und vereint mittelalterliche, gotische und Renaissance-Elemente.



Vom Mittelalter zur Renaissance

Die Anfänge des Schlosses reichen ins 12. Jahrhundert zurück, als König Ludwig VI. der Dicke eine erste befestigte Residenz auf dem Plateau errichten ließ. Unter Ludwig IX. (Saint Louis) entstand im 13. Jahrhundert die gotische Sainte-Chapelle, eines der ältesten und bedeutendsten erhaltenen Elemente der Anlage,  in der bis zum Bau der Sainte Chapelle in Paris die Reliquien Christis aufbewahrt wurden. Auch die Schlossanlage wurde erweitert.

Während des Hundertjährigen Krieges wurde die ursprüngliche Burg 1346 von englischen Truppen unter dem Schwarzen Prinzen zerstört. Dabei blieb nur die Kapelle mit ihren zahlreichen hohen Fenstern erhalten. Im späten 14. Jahrhundert baute König Karl V. das Schloss auf den alten Fundamenten wieder auf.

Im Jahr 1539, unter François I. erfolgte ein tiefgreifender Umbau indem  er das alte Schloss, bekannt als „Château Vieux“, auf den alten Fundamenten mit Renaissance-Elementen, fünf Flügeln, eleganten Fassaden und weitläufigen Innenhöfen neu errichten ließ. 
Später ließ Sein Sohn Henri II., der im Schloss von Saint-Germain-en-Laye geboren wurde,  in der Nähe das berühmte „Château Neuf“ bauen, das von Philibert de l’Orme entworfen wurde. Obwohl die Arbeiten bereits 1559 starteten, kam der Bau erst während der Herrschaft Heinrichs IV. um das Jahr 1600 zum Abschluss. Das „Château Neuf“  besaß eine innovative Terrassenanlage mit Blick über das Seine-Tal, wurde jedoch im 18. und 19. Jahrhundert weitgehend abgetragen.

Saint-Germain-en-Laye erlangte im 17. Jahrhundert durch die Geburt Ludwigs XIV. am 5. September 1638 europaweite Bedeutung. Unter der Herrschaft des Sonnenkönigs gestaltete der berühmte Gärtner André Le Nôtre die Gärten neu, darunter die spektakuläre 2,4 km lange „Große Terrasse“, die einen weiten Blick über das Seine-Tal bis nach Paris bietet. Sie zählt noch heute zu den beeindruckendsten Landschaftsarchitekturen Frankreichs. Wie in allen von Le Nôtre angelegten Gärten spielen Geometrie, Symmetrie und Perspektive hier eine wichtige Rolle.
1682 verließ Ludwig XIV. Saint-Germain endgültig, als er den Hof nach Versailles verlegte.





Vom Königsexil zum Nationalmuseum

Nach dem Umzug des Hofes nach Versailles änderte sich die Rolle des Schlosses grundlegend. Zwischen 1689 und 1701 residierte hier der englische König James II. Stuart, Cousin von Ludwig XIV., vertrieben durch die Glorious Revolution von 1688,  mit seinem Hofstaat. Saint-Germain wurde für Jahre zum Zentrum der englischen Exilpolitik und gewann damit eine europäische Dimension. James‘ Leben in Saint-Germain war stark religiös geprägt. Hier schrieb er seine „papers of devotion“ und besuchte regelmäßig die königliche Kapelle.  Seine Tochter Louise-Marie-Thérèse Stuart wurde 1662 hier geboren. Am 16. September 1701 starb James II. im Schloss von Saint-Germain. Seinen Frau Maria Beatrix d’Este, Prinzessin von Modena, verstarb ebenfalls im Schloss im Jahr 1718.

Im Jahr 1777 übertrug Ludwig XVI. das stark verfallene Château-Neuf seinem Bruder, dem Comte d’Artois, mit dem Auftrag, das Anwesen zu restaurieren oder neu zu gestalten. Geplant war der Abriss des bestehenden Ensembles und der Neubau eines Schlosses unter der Leitung des Architekten François-Joseph Bélanger, doch der Graf zog es vor, das nahegelegene Château de Maisons zu renovieren. Während der Revolution wurde das Schloss als Staatseigentum beschlagnahmt, danach verkauft und als Steinbruch verwendet. Heute sind noch einzelne Elemente erkennbar, darunter Grotten und die „Mur des Lions“. Es befand sich auf dem Gelände des heutigen Pavillons Henri IV, einem eleganten 4-Sterne Hotel. Heute erinnert eine Inschrift am Eingang an das verschwundene Schloss und den Geburtsort des Sonnenkönigs.

In den folgenden Jahrhunderten diente das alte Schloss wechselnden Zwecken, vom Militärquartier, über eine Kavallerieschule unter Napoleon Bonaparte und sogar als Militärgefängnis. Erst im 19. Jahrhundert lenkte Napoleon III. das Augenmerk wieder auf den historischen Wert des Bauwerks und beauftragte Eugène Millet, Schüler von Viollet-le-Duc, mit einer umfassenden Restaurierung, um das Schloss in ein Museum zu verwandeln – das Musée des Antiquités celtiques et gallo-romaines, später das Musée d’Archéologie nationale. Es wurde 1867 eingeweiht und beherbergt rund 30 000 Ausstellungsstücke, die von der Altsteinzeit bis zum Frühmittelalter reichen.

Neben dem Schloss befindet sich eine Kopie der Trajansäule, die auf Wunsch von Napoleon III geschaffen wurde.
Nach weiteren Restaurierungen ist das Schloss heute ein geschütztes Denkmal und Teil des Domaine national de Saint-Germain en Laye.  Der Schlosspark umfasst rund 57 Hektar und ist als „Jardin remarquable“ klassifiziert.






Besetzung und Nutzung des Schlosses während des Zweiten Weltkriegs

Nachdem die Deutschen im Juni 1940 während des Westfeldzugs Frankreich besetzt hatten, wurde das Schloss von den Truppen der Wehrmacht übernommen, wobei es nicht nur als militärische Kommandozentrale, sondern auch als Unterkunft für die deutschen Offiziere und als Stützpunkt für die Verwaltung des besetzten Gebiets diente. Das Schloss lag strategisch günstig ganz in der Nähe von Paris. Aus dieser Zeit stammen die Bunker.


Vom Duell zur Redewendung - Die Geschichte des Coup de Jarnac

Das „Coup de Jarnac“ ist eines der berühmtesten Duelle der französischen Geschichte und fand am 10. Juli 1547 auf der Terrasse des Schlosses statt. Es war ein Duell voller politischer und persönlicher Spannungen und hinterließ nicht nur einen bleibenden Eindruck in der französischen Geschichte, sondern prägte auch eine Redewendung, die bis heute verwendet wird.

Guy Chabot, Baron de Jarnac, forderte François de Vivonne, Seigneur de La Châtaigneraie, zu einem duel judiciaire heraus, nachdem eine persönliche und politische Affäre ihre Spannungen eskalieren ließ. Obwohl Vivonne als erfahrener und überlegener Fechter galt, hatte Jarnac eine zuvor sorgfältig einstudierte Technik unter Anleitung seines italienischen Fechtmeisters Caize erlernt - einen gezielten Stich unter das Knie seines Gegners, den sogenannten „coup de Jarnac“. Der Stich, der als besonders raffiniert und präzise galt, fügte Vivonne schwerste Verletzungen zu. Er stürzte und starb einige Zeit später an seinen Wunden. 

Die Redewendung „coup de Jarnac“ wurde seitdem in der französischen Sprache verwendet, um eine überraschende oder heimtückische Handlung zu bezeichnen.










Nützliche Informationen

Adresse:
1 Pl. Charles de Gaulle
78100 Saint-Germain-en-Laye

Anreise:
RER A, Station Saint-Germain-en-Laye

Tarife:
Normaltarif der 
Wechselausstellung 8€.
Dauerausstellungen sind kostenlos.

Internetseite:
https://musee-archeologienationale.fr/

Derzeit finden umfangreiche Umgestaltungsarbeiten im Museum statt. Daher sind die Sammlungen zur Altsteinzeit, zum römischen Gallien, zum frühen Mittelalter und zur vergleichenden Archäologie geschlossen. Die Sammlungen vom Neolithikum bis zum gallischen Zeitalter können besichtigt werden.

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