Zitat der Woche

„Reisen ist wie Träumen: Der Unterschied besteht darin, dass sich nicht jeder beim Aufwachen an etwas erinnert, während jeder die Erinnerung an das Ziel, von dem er zurückgekehrt ist, warm hält.“ - Edgar Allan Poe

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Chocolaterie Menier in Noisiel und die Cité Ouvrière

Station: RER A, Richtung Marne-La-Vallée Chessy, Station Noisiel, dann Bus Nr. 211 Richtung Gare de Vaires Torcy, Station Chocolaterie.
Gut zu wissen: Parken kann man nahe der Ile et Moulin de Douvres (Route de Noisiel). Am Rathaus gibt es ebenfalls gratis Parkplätze.


Ende des 19. Jahrhunderts stammte die Hälfte der weltweit produzierten Schokolade aus der Manufaktur Menier. Diesen prestigeträchtigen Ort, der von vergangener Grö
ße zeugt und unter Denkmalschutz steht, kann man in Noisiel sehen.




Geschichte
Jean-Antoine-Brutus Menier, ein wohlhabender Industrieller, der sich auf Pharmazeutika und Schokolade spezialisierte, erwarb 1825 die Mühle von Noisiel und drei Hektar Land. Dieser Standort ist der Ausgangspunkt für die Gründung einer Fabrik für die industrielle Herstellung von Schokolade.
Er versteht sehr schnell, dass der Kakaomarkt in Frankreich ein starkes Potenzial und eine glänzende Zukunft hat. 
Es war jedoch sein Sohn, Emile Justin Menier, der die Nachfolge seines Vaters an der Spitze des Unternehmens 1853 antrat und es gedeihen ließ. Er arbeitet mit den größten Architekten und Ingenieuren zusammen, um die Schokoladenfabrik zu entwickeln und zu modernisieren. Mit der Erweiterung der Fabrik wird der Architekt Jules Saulnier betraut. Er stellte sich einen Metallrahmen vor, der mit farbigen Ziegeln verkleidet war, wie "ein orientalischer Teppich". Ein Meilenstein der Industriearchitektur, da es das erste Gebäude mit einem kompletten Metallgerüst war.

Gleichzeitig entsteht eine wahre Arbeiterstadt, die Cité Ouvrière, mit 311 Häusern und Gemüsegärten, aber auch mit Läden, Cafés, Kantinen, Schulen, Arztpraxen, Rathaus, Altenheim... damit die Mitarbeiter der Schokoladenfabrik unter guten Bedingungen leben und der Firma Menier treu und verbunden bleiben.

1906 reichte die Mühle nicht mehr aus, um den Bedarf zu decken. Die Familie entschied, auf einer Insel in der Marne eine sehr große Fabrik zu erbauen. Ein spektakulärer Betonbogen verbindet sie mit dem Festland.

Ende des 19. Jahrhunderts arbeiteten 2.200 Arbeiter, um täglich 70 Tonnen Schokolade herzustellen. Die Schokoladenfabrik wird Anfang des 20. Jahrhunderts dank wachsender Industrieproduktion und Kakaoplantagen in Nicaragua ihre Blütezeit erleben. Doch leider erlitt das Menier-Imperium nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem durch die Konkurrenz aus den Vereinigten Staaten, seinen Niedergang.
Seit 1996 gehört der Standort zur Nestlé-Gruppe. Von Innen kann es nur im Rahmen von Führungen, die an Tagen des Kulturerbes im September organisiert werden, besichtig werden.


Rundgang
Der Spaziergang beginnt am Pfad entlang der Marne, hinter den Gebäuden der Chocolaterie Menier. Man kommt am Staudamm vorbei, der die Mühle mit Wasser versorgte. Entlang des Wegs kann man dank Lesepulte mehr über die Geschichte des Menier-Imperiums erfahren. Weiter geht es über eine Brücke gegenüber der Mühle (Moulin Saulnier),  das emblematische Denkmal der Schokoladenfabrik. Die Außendekoration ist sehr raffiniert mit ihren glasierten rosa ockerfarbenen Ziegeln, Keramik, Kakaoblumenmotiven und den Ms zu Ehren von Menier. In diesem Gebäude befanden sich die Reinigungs-, Mahl- und Mischmaschinen für die Schokoladenherstellung.


   

Hinter einer Hecke versteckt sich die "Kathedrale" (La cathédrale), ein riesiges Gebäude, das 1906 zur Erweiterung der Schokoladenfabrik erbaut wurde. Dieses von Stephen Sauvestre, einem Mitarbeiter von Gustave Eiffel, entworfene Gebäude war eines der ersten Stahlbetongebäude in Frankreich. Acht Stockwerke hoch und mit einer Fläche von 9.000 m² dominiert der Dom das gesamte Gelände. Im Inneren befanden sich die Schokoladenwerkstätten, in denen Zucker und Kakao gemischt wurden.


Über eine zweite Brücke geht es zurück auf's Festland. Von hier aus sieht man die Hardi-Brücke (Pont Hardi), eine Fußgängerbrücke, die die Kathedrale mit den älteren Gebäuden verbindet. (Hardi bedeutet übersetzt "kühn"). Ebenfalls vom Architekten Stephen Sauvestre entworfen und vom Ingenieur Armand Considere realisiert, war sie eine wahre Bauleistung für die damalige Zeit, mit ihrem 44m langen Bogen.




Der Chemin de la Rivière führt vorbei an den Ställen, Richtung Cité Ouvrière, ein wahres Modell des sozialen Fortschritts. Dieser Stadtteil von Noisiel wurde von der Familie Meunier aus dem Nichts geschaffen. Auch heute noch sind die Häuser und Gebäude sehr gut erhalten. Sie wurden alle nach dem selben Modell gebaut und sehen gleich aus. Die Häuser an den Straßenkreuzungen sind luxuriöser gestaltet und wurden von Ingenieuren bewohnt. Alle Häuser besitzen ihren eigenen Garten.
Wer aufmerksam ist, wird bemerken, dass die Häuser ganz normal durchnummeriert sind, also nicht mit geraden Zahlen auf einer Straßenseite, und ungeraden Zahlen auf der anderen Straßenseite. Außerdem tragen die Straßen alle Namen von Familienmitgliedern.

   






Das ehemalige Rathaus (mairie) Menier und das Pumphaus (bâtiment des pompes) befinden sich am Platz Gaston Menier und wurden gegen 1890 gegenüber des Fabrikeingangs erbaut. Im bâtiment des pompes ist eine private Feuerwehrkaserne untergebracht, die im Brandfall in der Fabrik eingreift, aber auch ein Bestattungsunternehmen.



Der zentrale Platz der Arbeiterstadt (Place Menier) ist umgeben von ehemaligen Mensen, Schulen und Lebensmittelgeschäften. In der Mitte steht das Emile-Menier-Denkmal des Bildhauers Paul Berthet.
Bildung war Emile Menier sehr wichtig. Deshalb baute er 1874 die Menier-Schule, obligatorisch und kostenlos, für Kinder der Arbeiter der Schokoladenfabrik. Die Kantinen selbst wurden 1884 für die Angestellten gebaut, die in den Nachbarorten wohnten. Im Obergeschoss wurden den Arbeitern Aktivitäten angeboten: Bibliothek, Abendkurse, Musik...



Auch wenn die Familie Menier ihre Schokoladenfabrik aufgeben musste, engagierten sich ihre Mitglieder im politischen und gesellschaftlichen Leben. Heute gehört der Familie beispielsweise das Château de Chenonceau.


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