Die sixtinische Kapelle in Lesches

Juni 02, 2024

Die sixtinische Kapelle in Lesches

Lesches ist ein kleines Dorf im Departement Seine-et-Marne, das seit 2022 mit dem Label "Village de caractère" ausgezeichnet ist und nur 10 Minuten von Disneyland Paris entfernt liegt. Es überrascht Besucher mit seiner Natur und einem ungewöhnlichen Erbe: die Kirche Notre Dame de l’Assomption, die auch als "Sixtinische Kapelle von Lesches" bezeichnet wird. Von außen lässt sich nicht erahnen, welch ein Schatz sich innen verbirgt.

Geschichte der Kapelle

Erbaut wurde sie im 18. Jahrhundert, doch in den 70er Jahren war sie verwahrlost und geschlossen. Im Jahr 1900 wurden dank einer Spende von Madame Françoise Marie Sophie Baroness Bray de Valfresne, geborene Carré, Besitzerin des im Dorf gelegenen Schlosses, Verschönerungsarbeiten (Glasmalereien, Gemälde, Holzarbeiten) durchgeführt. Eine weiße Marmortafel am Eingang des Gebäudes erinnert an diese Schenkung.

Es ist die Künstlerin Nicole Michigan, die die Kapelle seit 1983 mit 235 biblische Szenen verzierte, um so der Geschichte des Alten und des Neuen Testaments Leben einzuhauchen.

Die Vorbereitungen dieser Kunstwerke nahmen rund 10 Jahre in Anspruch. Nicole Michigan studierte die Bibeltexte, fertigte Skizzen an und bat einen Trockenbauer, die Wände für die Gemälde vorzubereiten. Sie wünschte sich abgerundete Ecken, damit ihre Fresken von einer Wand zu anderen reichen konnten. Heute beeindruckt die Kirche mit ihren leuchtenden Farben und bunten Innenfresken, die die Wände und das Gewölbe komplett bedecken und an die Decke des Vatikans erinnern.

Angesichts eines vom Einsturz bedrohten Glockenturms, da es keine Fundamente gab, wurde die Kapelle fünf Jahre lang renoviert und am 11. Juni 2023 wiedereröffnet. Während der umfangreichen Renovierungsarbeiten wurden leider auch die Gemälde in Mitleidenschaft gezogen, doch die Künstlerin zögerte nicht, wieder aufs Gerüst zu klettern, 35 Jahre nach den ersten Pinselstrichen.

Die Kirche ist komplett mit Fresken bedeckt

Besichtigung der Kapelle

Beim Betreten der Kirche beginnt der erste Teil des Alten Testaments am unteren Teil der linken Wand mit der Erschaffung der Welt. Die Gemälde lesen sich von rechts nach links, wie ein hebräischer Text. Der obere Teil der Wände wird wie die Evangelien von rechts nach links gelesen. Das Gewölbe zeigt die Apokalypse des Johannes. Die Auferstehung Jesu ist über dem Altar zu sehen und die kleine Nebenkapelle zeigt Szenen aus dem Leben Marias.

Jede Szene besitzt ihre eigenen Farben, damit man sie gut unterscheiden kann. So ist Josef in Weiß gekleidet und Moses in Olivgrün.

Betrachtet man manche Gesichter der Gemälde genauer, bemerkt man einige mit sehr präzisen Gesichtszügen. Das liegt daran, dass die Künstlerin Bewohner des Dorfer dargestellt hat. Diese mussten für die Kunstwerke auch auf das Gerüst klettern und posieren. Kein leichtes Unterfangen, wenn man eine über 80 Jahre alte Dame malen möchte. Auch die Bürgermeisterin von Lesches kann auf den Fresken wiedererkannt werden, sowie die Malerin selbst. Neben Jesus hält sie ein kleines Kind, ganz in Rosa gekleidet.

Aber es gibt noch einen weiteren Schatz in der Kirche. In der linken Ecke hinter dem Altar steh eine sehr schöne Statue der Jungfrau mit Kind aus dem Jahr 1370 und einer Größe von 1,30 Meter. Sie zählt seit 1994 zum Inventar der Möbel historischer Denkmäler und wurde vom Louvre-Museum für eine Ausstellung angefordert.

Der Hauptaltar und sein Bild sind aus bemaltem und vergoldetem Holz aus dem 18. Jahrhundert.

Weitere Werke von Nicole Michigan in Seine-et-Marne kann man in Meaux, Esbly und Chanteloup-en-Brie sehen.

Vielen herzlichen Dank an Nicole Michigan und an die Mitglieder des Vereins "Association La Sixtine de Lesches" für die ausführlichen Erklärungen und Anekdoten.