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Fontaine de la Croix du Trahoir - Vom Hinrichtungsort zum Kunstzentrum

Der Croix du Trahoir-Brunnen, in der Nähe des Louvre, ist ein architektonisches Juwel im 1. Arrondissement von Paris, an der Ecke der heutigen Rue Saint Honoré und Rue de l'Arbre Sec und zeugt von der reichen Geschichte im Herzen der Stadt. Der erste von Jean Goujon (1510 - etwa 1567) erbaute Brunnen stammt aus dem Jahr 1529 unter der Herrschaft Franz I. Über ein Jahrhundert später, im Jahr 1636 wurde er um einige Meter verlegt und 1775 von Jacques-Germain Soufflot (1713-1780), Architekt des Panthéon und Meister des Neoklassizismus, wieder aufgebaut. Die Skulpturen stammen von Louis-Simon Boizot (1743-1809).

Der Brunnen verdankt seinen ungewöhnlichen Namen dem ursprünglichen Zweck des Ortes, der im mittelalterlichen Paris auch einen Schauplatz öffentlicher Hinrichtungen war. Heute ist er ein Symbol des französischen Kunsterbes. Der Brunnen und das Gebäude sind seit dem 2. Februar 1925 als historisches Denkmal eingestuft und durch Pariser Stadtplanungsdokumente geschützt.

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Namensentstehung des Platzes

Jahrhundertelang war der kleine Place du Trahoir ein wichtiger Ort des Handels und eine der belebtesten Kreuzungen in ParisDer merkwürdige Name „trahoir“, früher „Schublade“, ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass hier mit Stoffen gehandelt wurde, die in Kisten transportiert und zum Verkauf herausgezogen wurden.
Auf dem Platz befand sich bis 1789 ein enormes Kreuz ("la croix"), in dessen Steinsockel Metzger und Gemüseverkäufer ihre Stände hatten. Während der Französischen Revolution wurde das Kreuz zerstört. Vom 13. Jahrhundert bis 1698 diente der Platz als Folter- und Hinrichtungsstätte, insbesondere für Fälscher (die Rue de la Monnaie liegt in der Nähe), aber auch für Diener, die es nicht lassen konnten, ihre Herren zu belauschen. Ihnen wurden hier zur Strafe die Ohren abgeschnitten. Zu Tode verurteilte Menschen sprachen ihr letztes Gebet am Kreuz. Auf dem Platz stand ein Galgen, gelegentlich ein Scheiterhaufen für Ketzer. 


Geschichte des Brunnens

Der Place du Trahoir ist umgeben von einer Legende.
Es heißt, dass die berühmte Frankenkönigin Brunichild (oder Brunehilde) im Jahr 613 auf Beschluss der Herren von Austrasien (östlicher Teil des Fränkischen Reiches) mit einem Arm und einem Bein am Schwanz eines wilden Pferdes festgebunden wurde. Durch den schnellen Galopp wurde sie auf diesem Platz zu Tode geschleift. Ihr Körper wurde dabei in Stücke gerissen. Eine grausame Geschichte, die Historikern zu Folge allerdings eher in Chalon-sur-Saône stattfand.

Erste Erwähnungen eines Brunnens, der sich in der Mitte des Platzes befand, gehen auf die Renaissance zurück. Der Brunnen wurde an der Kreuzung der wichtigsten Nord-Süd- und Ost-West-Verbindungen nach Paris errichtet. Die Stelle ist auf dem sogenannten "Plan de Bâle" aus den Jahren 1550/1552 mit einem Kreuz angegeben.

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Ausschnitt aus dem Plan de Bâle mit dem Croix du Trahoir Brunnen


Das ursprüngliche Bauwerk, das um 1529 unter Franz I. vom Bildhauer Jean Goujon erbaut wurde, ähnelte einer Ädikula, einem kleinen Tempel, der später als Sockel für das Kreuz von Trahoir dienen sollte. Dieser von Jean Goujon dekorierte Brunnen, der auch die Fontaine des Innocents (z. Dt. "Brunnen der Unschuldigen") entwarf, befand sich nicht an seinem heutigen Standort, da er den starken Verkehr behinderte.
1606 wurde der ursprüngliche Brunnen unter Heinrich IV. renoviert. Am 14. Mai 1610 verließ Heinrich IV. aus Sorge um Sullys Gesundheitszustand den Louvre und sagte zu seinem Kutscher: „Am Trahoir-Kreuz vorbei.“ Der König wurde nur ein paar hundert Meter weiter von Ravaillac in der rue de la Ferronnerie ermordet.

Um den Verkehr in der Rue Saint-Honoré zu verbessern, wurde der Brunnen, und wahrscheinlich auch das Kreuz, 1636 auf Befehl Ludwigs XIII. an seinen heutigen Standort verlegt. Das klassische Gebäude, vor dem der heutige Brunnen steht, ersetzte das Haus, in dem die Richter Hinrichtungen beiwohnten. Dort hatte der Propst François Miron bereits einen Wasserspeicher angelegt.
Im Jahr 1639 wurde eine Sänftenstation eingerichtet, wo Pierre Broussel, Berater des Pariser Parlaments, am 26. August 1648 verhaftet wurde. Er wurde auch "Vater des Volkes" genannt. Die Pariser errichteten in der ganzen Stadt Barrikaden und forderten Mazarin als Geisel. Es war der Beginn der Fronde (Bürgerkriege zwischen 1648 und 1653) und der junge Ludwig XIV., die Königsmutter und Mazarin flüchteten aus der Stadt. 

Der Brunnen wurde vom Pré-Saint-Gervais gespeist, dann von der Samaritaine-Pumpe an der Pont Neuf und später auch durch das Medici-Aquädukt. Er diente zur Wasserversorgung des gesamten Viertels, darunter den Palais Royal und die benachbarten Ministerien.

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Quelle: Paris Musées


1775 befand sich der Brunnen in einem sehr schlechten Zustand und Ludwig XVI. beauftragte den Architekten Jacques-Germain Soufflot mit der Restaurierung. Er stellte sich ein dreistöckiges, polygonales Brunnengebäude vor. Louis Boizot fertigte eine exakte Kopie der Nymphe von Jean Goujon an. Die Fassade (Bossenmauerwerk) erinnert an de Medici-Brunnen im Jardin du Luxembourg.
Auf einer Etage wohnten die Brunnenwärter bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Ab 1966 befand sich für eine Weile das Konsulat von Andorra im Gebäude. Von 1995-2002 stand es leer, bevor es von Künstlern besetzt wurde.


Das Bauwerk heute

Der Brunnen bildet einen Winkel mit einer Gedenktafel an der Nordfassade, die an den Bau und die Restaurierung erinnert, sowie die Nymphen-Skulptur, die eine Amphore trägt, aus der Wasser strömt. An der Ostseite sind ein Maskaron (Fratzengesicht), aus dem das Wasser in eine Jakobsmuschel läuft, und eine lateinische Inschrift zu sehen.

„Ludwig XVI. ordnete im ersten Jahr seiner Herrschaft zum Wohle der Allgemeinheit an,
dass der veraltete und in schlechtem Zustand befindliche Wasserturm des Arc de Julien
von Charles Claude d'Angivillers, dem Oberaufseher der Bâtiments du Roi,
komplett und mit mehr Eleganz wieder aufgebaut werden sollte."

Über dieser Inschrift sind eine Krone und drei Lilien zu sehen, die von zwei Lorbeerzweigen umgeben sind.

In den Räumlichkeiten befindet sich heute das Schöpfungslabor, gesponsert vom Nobelpreisträger für Literatur Gao Xingjian, sowie eine öffentlich zugängliche Kunstgalerie. Leider ist das Gebäude in einem sehr verdreckten Zustand und der Brunnen funktioniert nicht mehr.
Hoffentlich wird die Fontaine de la Croix du Trahoir bald restauriert, ganz wie die Fontaine des Innocents in der Nähe. Die Arbeiten dauerten ein Jahr, von Juni 2023-Juni 2024.

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