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„Reisen ist wie Träumen: Der Unterschied besteht darin, dass sich nicht jeder beim Aufwachen an etwas erinnert, während jeder die Erinnerung an das Ziel, von dem er zurückgekehrt ist, warm hält.“ - Edgar Allan Poe

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Das Reiterstandbild von Heinrich IV. auf der Pont Neuf

Die Pont Neuf, die älteste Brücke in Paris, ist nicht nur eine architektonische Meisterleistung, sondern überrascht auch durch ihre Vielzahl von historischen Denkmälern, die sich auf ihr befinden und sie umgeben. Eines der bekanntesten und eindrucksvollsten ist die Statue von Heinrich IV., die zwischen den beiden Teilen der Pont Neuf an der westlichen Spitze der Ile de la Cité thront und den Square du Vert Galant überragt. Die Statue wurde zu Ehren des französischen Königs Heinrich IV. errichtet, der auch als der "gute König Heinrich" bekannt war. Er regierte von 1589 bis zu seiner Ermordung im Jahr 1610 und wird bis heute als einer der beliebtesten und verehrtesten Könige Frankreichs angesehen.

Diese Statue ist nicht nur ein beeindruckendes Kunstwerk, sondern auch ein Symbol für die Geschichte und die politische Bedeutung des französischen Königs. Seit der Einweihung der Originalstatue im Jahr 1614 durch seinen Sohn und Nachfolger Ludwig XIII. hat sie viele Abenteuer erlebt. Die heutige Statue stammt aus dem Jahr 1818, da das Original aus Bronze während der Französischen Revolution, wie viele königliche Darstellungen in Paris, von den Revolutionären zerstört wurde.

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Die erste Statue zu Ehren des Königs

Schon im Jahr 1604 (oder 1605), noch zu Lebzeiten des Königs, äußerte seine zweite Ehefrau, Maria von Médici, den Wunsch eine Bronzestatue für ihren geliebten Mann anfertigen zu lassen. Die Idee kam ihr durch die Einweihung der Statue ihres Großvaters, dem Großherzog Cosimo I., 1594 in Florenz. Es war der flämisch-italienischen Bildhauer und Meister Giovanni di Bologna, Schüler Michelangelos, der mit der Anfertigung beauftragt wurde. Die Statue sollte die Pont Neuf schmücken und in Richtung des künftigen Place Dauphine blicken.

Das Bronzepferd wurde nach den Gipsformen der Reiterstatue des Onkels der Königin, Ferdinand I. de Medici, gegossen. Allerdings verstarb Giovanni di Bologna 1608, doch sein Schüler Pietro Tacca vollendete das Werk. Das Pferd wurde 1611 fertiggestellt und auf Befehl vom Cousin der Königin, Cosimo II. von Medici nach Livorno transportiert, wo es im November 1613 auf ein Schiff verladen wurde. Der Transport nach Paris war komplizierter als geahnt. Nach einem Angriff durch Piraten, erlitt die Statue einen Schiffbruch vor der Küste Savonas im Golf von Genua. Es dauerte einen Monat, bis sie wieder geborgen werden konnte und mit einem neuen Schiff nach Gibraltar verfrachtet wurde. Schließlich gelangte das Pferd nach Le Havre um sich endlich auf den Weg nach Paris zu machen. Dort wurde die Statue am 23. August 1614, vier Jahre nach der Ermordung des Königs durch Ravaillac, im Beisein der damaligen Regentin, Königin Marie, und des kleinen Ludwig XIII. eingeweiht.
Das Bildnis Heinrichs IV. ist die erste königliche Reiterstatue, die in Frankreich errichtet wurde.

Der König ist gekleidet in eine Rüstung mit einem Stab in der Hand und einem Lächeln auf den Lippen, das charakteristisch für die Darstellungen des „Vert galant“ ist.

Der Sockel, dessen Komposition Cigoli in Florenz entworfen hatte, wurde nach der Ankunft der Statue in Paris im Jahr 1614 angefertigt. Die vier Figuren angeketteter Gefangener sind erhalten geblieben. Sie wurden wurden von Francesco Bordoni nach den Modellen seines Schwiegervaters, Pierre Francqueville, im Jahr 1618 gegossen und dekorierten die vier Ecken des Sockels. Die Statuen werden heute im Louvre-Museum aufbewahrt. Experten sind sich jedoch uneinig über die Bedeutung der vier Sklaven. Stellen sie die vier Lebensalter, die vier Teile der Welt oder sogar die Temperamente nach Hippokrates dar? Sind es die besiegten Feinde?
Die Seiten des Sockels wurden 1628 mit fünf Flachreliefs geschmückt, die den Siegen des Königs gewidmet waren. Sie wurden von Barthélemy Tremblay und Thomas Boudin angefertigt und zeigten die Schlachten von Arques und Ivry, den Einzug Heinrichs IV. in Paris, die Belagerung von Amiens und die Eroberung von Montmélian.

Die zuvor provisorisch angebrachten Inschriften wurden 1635 endgültig auf einer Barriere, die das Denkmal umgab, eingraviert und rundeten das Ganze ab. Sie hoben das Engagement König Ludwigs XIII. und Richelieus hervor, ignorieren jedoch völlig die Rolle von Maria de Medici.

Die Statue auf der Pont Neuf zu errichten war eine brillante Idee, da die Brücke die am stärksten frequentierte Passage der Hauptstadt war. Der König war dort unter seinem Volk und wachte über seine Untertanen.

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Quelle: Gallica BNF


Kurz vor Beginn der Revolution, im September 1788, zwangen "Patrioten" Passanten auf der Pont Neuf die Statue zu grüßen, da der "gute König Heinrich" als volksnaher König galt. Am 12. August 1789, zwei Tage nach dem Sturz der Monarchie, wurde sie abgerissen. Aufgrund der Popularität Heinrichs IV. konnte sie im Vergleich zu den anderen königlichen Statuen in der Hauptstadt einen Tag länger überleben. Das Metall wurde zur Herstellung von Kanonen eingeschmolzen. In der Seine wurden fünf Teile der Statue gefunden: das linke Vorderbein des Pferdes, ein Element der Halskette des Königs, seine linke Hand, sein linker Stiefel und sein rechter Arm. Sie werden im Carnavalet-Museum aufbewahrt.

Auf dem Gelände von Pont-Neuf sollten noch während der Revolution zwei Stelen mit dem Text der Erklärung der Menschenrechte aufgestellt werden. 1793 schlug der Republikaner und Maler Jacques-Louis David vor, eine Volksstatue in Form eines gallischen Herkules zu schaffen.

Während der Kaiserzeit blieb der kleine Platz auf der Pont Neuf unbebaut. Napoleon erwog 1809 einmal, dort einen Obelisken aus Granit mit Flachreliefs, Statuen und Hieroglyphen  aufstellen zu lassen, aber er dankte am 6. April 1814 ab, bevor er diesen Vorschlag in die Tat umsetzen konnte.


Die provisorische Statue

Mit dem Ende des Kaiserreichs und der Rückkehr der Bourbonen auf den französischen Thron, wurde eine temporäre Statue, ein Gipsabdruck von Henri-Victor Roguier (1758-1841), in gerade mal vier Tagen, am ehemaligen Standort errichtet. Dieser Abdruck wurde 1806 von Napoleon gestohlen und repräsentiert eines der Pferde der Quadriga des Brandenburger Tors. Danach wurde der Abdruck wieder nach Preußen zurückgeschickt.
Die Statue würdigte am 03. Mai 1814 den Einzug Ludwigs XVIII. in Paris. Der Sockel dieses vergänglichen Denkmals trug die Inschrift: „Die Rückkehr Ludwigs erweckt Heinrich wieder zum Leben.“


Die heutige Statue

Die aktuelle Statue stammt aus dem Jahr 1818 und ist das Werk des Bildhauers François-Frédéric Lemot. Der Künstler ließ sich von den wenigen gefundenen Originalelementen von 1614 inspirieren und eventuell auch vom Schädel des Königs, der sich heute in einer Privatsammlung befindet. Zur Herstellung wurden alte Statuen wieder eingeschmolzen. Ein Vorschlag war, die vier Gefangenen des Denkmals von 1614 zu nutzen, doch andere Denkmäler wurden verwendet. Es handelte sich dabei um die Statue vom General Desaix auf der Place des Victoires, die Adler und Flachreliefs des Denkmals der Großen Armee von Boulogne und die Statue von Napoleon auf der Vendôme-Säule.

Am 14. August 1818 wurde die Statue mit einem Ochsenkarren zum Standort auf der Pont 
Neuf gebracht. Victor Hugo feierte dieses Ereignis und schrieb:

« Par mille bras traîné, ce lourd colosse roule...
Tout un peuple a voué ce bronze à ta mémoire...»

„Von tausend Armen gezogen, rollt dieser schwere Koloss...
Ein ganzes Volk hat diese Bronzestatue deinem Andenken gewidmet."

Die Statue wurde am 25. August 1818 dem "St. Louis Tag" (z. Dt. "Tag des heiligen Ludwig") offiziell eingeweiht. Der Marquis von Marbois feierte in einer langen Rede das Andenken an Heinrich IV., das Vorbild der Könige. In der Tribüne auf dem gegenüberliegenden Place Dauphine nahmen König Ludwig XVIII., seine Familie und insbesondere seine Nichte, die Herzogin von Angoulême, Tochter Ludwigs XVI., sowie bedeutende Mitglieder des Hofes platz.

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Im Inneren der Statue, im Bauch es Pferdes, wurden mehrere Gegenstände platziert, darunter ofizielle Pergamentdokumente zur Einweihung des Denkmals aus dem Jahr 1614, 26 Medaillen mit dem Bildnis von König Ludwig XVIII., vier Kisten aus Blei und drei Werke über Heinrich IV. In einer der Kisten befanden sich ein Exemplar des "Œconomies royales" von Maximilien de Béthune, Herzog von Sully und treuer Freund Heinrichs IV., sowie ein Exemplar des "La Henriade" von Voltaire, eine Sammlung von zehn Liedern zu Ehren des französischen Königs. Diese Schätze blieben fast zwei Jahrhunderte lang versteckt. Bei einer Restaurierungskampagne wurden sie am 18. November 2004 wieder entdeckt. Heute sind die Fundstücke im Nationalarchiv, einem Museum für französische Geschichte, zu finden.

Im Jahr 1820 wurde der Sockel mit Flachreliefs aus Bronze geschmückt. An der Südseite zeigt es den Herrscher, der den hungrigen Einwohnern Brot gibt. Im Norden stellt das Relief seinen Einzug in Paris im Jahr 1594 dar.

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Die Statue wurde 1992 als historisches Denkmal eingestuft.

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